Den Virus gewinnen lassen

Den Virus gewinnen lassen

Den Virus gewinnen lassen

Drei Jahre hatte ich mich strategisch gewehrt, geschützt und geimpft. Letztendlich hat dieser hartnäckige Virus mich doch erwischt und das überraschend heftig und langwierig. Gerade als alle Schutzmaßnahmen gefallen waren und der Alltag ohne Maske für alle schnell selbstverständlich geworden ist, wurde meine Benachrichtigung an die Kontaktpersonen allenfalls als Randnotiz wahrgenommen.

Das empfand ich einerseits als Erleichterung, sollte ich den Virus weitergegeben haben, andererseits
aber auch als neue Sorglosigkeit. In meinem engsten Freundinnenkreis, den ich bislang als sehr umsichtig und mitdenkend wahrgenommen habe, war die Nachricht eines positiven Tests nicht mal mehr eine Signal-Nachricht wert.

Ich fand es bereits vor Corona eine gute Idee, bei Erkältungen und mehr die andere Person entscheiden zu lassen, ob sie mich treffen möchte oder nicht. Hände Schütteln ist in meinem Job eine notwendige Geste, die ich lieber heute als morgen abgeschafft hätte. Immerhin gilt es mittlerweile nicht mehr ganz so nerdig, wenn ein freundlicher Blick oder ein Ellenbogen-Tack als Ersatzleistung angeboten wird.

Dennoch hat mir mein positives Corona-Testergebnis geholfen, mich krank zu melden, obwohl ich am Morgen des ersten Tages noch versucht hätte, meinen Dienst geflissentlich zu versehen. Das dürfte vielen anderen ebenso gehen. Wir müssen somit weiterhin lernen, dass „krank“ nicht zur Gedankenschleife „unzuverlässig und selbst schuld“ führt.