Eilenriede – ein Perspektivwechsel

Eilenriede – ein Perspektivwechsel

Eilenriede – ein Perspektivwechsel

Wenn ich aus der Haustüre trete, kann ich sie sehen — nicht einmal fünf Minuten sind es zum Hannoveraner Stadtwald Eilenriede zu gehen. Als ich Ende der 80er Jahre nach Hannover kam, fand ich eine WG in einer Parallelstraße von meinem derzeitigen Zuhause. Damals wunderte ich mich immer, warum der aus meiner Sicht so unspektakuläre Stadtwald als Gütekriterium für die zugegebebenermaßen sehr gute Wohnlage in der Oststadt aufgezählt wurde.

Ich kam aus einer Kleinstadt, sehr ländliches Drumherum, der riesige Wald direkt vor der Haustür. Nicht dass ich diesen als etwas Besonderes wahrgenommen hätte, er war einfach da — selbstverständlich wie der Garten um das Haus meiner Eltern.

Über die Eilenriede war ich eher verärgert, als dass sie mich erfreute. Ausgestattet mit nur wenig Orientierungssinn habe ich mich immer mal wieder verfahren und zum Leidwesen der Freund*innen und Arbeitsgruppen heillos verspätet. Das Arbeiten auf einer Liegewiese war nie meins, sondern ich wollte erst die volle Konzentration und Effizienz und dann ohne Auftrag raus in die Sonne, gerne in Verbindung mit Wasser. Also fuhr ich mit Rad zu den wunderschönen Maschteichen — gerne auf direktem Wege durch die Stadt, um mich nicht in der Eilenriede zu verfahren.

Viele Jahre habe ich dann in Stadtteilen ohne direkte Eilenriedeanbindung gelebt — gefehlt hat sie mir nie. Im Gegenteil, das Skaten ging um den Maschsee viel besser, Picknicken an der Ihme war mit dem Freund*innenkreis aus Linden leichtfüßig zu organisieren.

Vor fast 10 Jahren bin ich in die Oststadt zurückgezogen und habe mich sofort wieder heimisch gefühlt. Wie gute alte Freunde sagten das Spektakel, die Grotte oder auch das Mezzo: Na, hallo, da bist du ja (endlich) wieder. Die Eilenriede begrüßte mich auf ihre Weise distanziert, nicht unfreundlich. Ich begann regelmäßigen Besuche mit dem Walken und bei gutem Wetter zu skaten. Ist ja auch viel leerer als am Maschsee!

Schlussendlich wurde sie mir für meine Runden auf dem Rad rund um Hannover immer vertrauter. Ich kenne Ecken zum Kräuter Sammeln, zum Alleinesein oder auch um auf einer Bank in der Sonne zu sitzen und Vögel zu beobachten. Der Wald schenkt mir Ruhe und aktive Erholung. Ich bin jetzt wohl ein Stadtkind — die Eilenriede ist eine sehr gute Freundin geworden.

Dieses Jahr muss ich Abschied nehmen, noch ein Mal (voraussichtlich das letzte Mal) wechsle ich den Stadtteil. Viele sehr gute Gründe sprechen dafür — aber der Erlensumpf, wie sie etymologisch heißt, wird mir sehr fehlen. Und das nicht nur zu Corona-Zeiten. Ich sage einfach mal ein schlichtes Danke Eilenriede!